Ryan Coogler über Blues, Irish Folk und Vampir-Bösewichte

Nov 07,25

Regisseur Ryan Cooglers neuer Film Sinners mag auf den ersten Blick wie ein Vampir-Thriller wirken, aber seine wahre Brillanz liegt in der lebendigen Darstellung des Mississippi der 1930er Jahre. Indem er Bluessmusik – historisch als "Teufelsmusik" verurteilt – in die Erzählung einwebt, taucht der Film tief in das Leben seines überwiegend afroamerikanischen Ensembles ein, verankert durch Michael B. Jordans Doppelrolle als Zwillingsbrüder Smoke und Stack.

Eric Goldman von IGN lobte diesen einzigartigen Ansatz in seiner überschwänglichen Rezension und merkte an: "Jenseits der Blutgier, die seine Vampire antreibt, pulsiert Sinners vor musikalischer Energie, angefangen bei den Bluesauftritten von Sammie (Miles Caton) und Delta Slim (Delroy Lindo) im Etablissement der Brüder. Coogler verwandelt diese Darbietungen in eine Linse, um zu untersuchen, wie Musik Menschen über Generationen hinweg verbindet, ob sie sich ihres Erbes nun bewusst sind oder nicht. Sogar Remmick (Jack O'Connell), der charismatische Anführer der Vampire, verkörpert dieses Thema – seine Verbindung zu irischen Volks Traditionen wird zunehmend präsenter und spiegelt die kulturelle Resonanz des Blues wider."

Coogler stellt meisterhaft afroamerikanischen Blues und irische Volksmusik nebeneinander, um das gemeinsame koloniale Trauma von Menschen und Vampiren hervorzuheben. Beiden Genres werden mitreißende Bühnenszenen gewidmet, die, wie Goldman bemerkt, Sinners als "musikalisch benachbart" positionieren – "damit die Zuschauer *fühlen*, wie Klang Zeit überwindet und diejenigen unsterblich macht, die ihn erschaffen."

In einem aktuellen Interview (der Klarheit halber bearbeitet) sprach Coogler über das musikalische Rückgrat des Films, seine herausragenden Sequenzen und darüber, warum der vampirische Antagonist Remmick für ihn eine ähnlich persönliche Bedeutung hatte wie Black Panthers Killmonger.

Play

IGN: Welche Rolle spielt Bluessmusik bei der Definition der Welt Ihrer Charaktere?

Ryan Coogler: Sie bestätigt ihre vollständige Menschlichkeit. Der Blues koexistiert mit der Kirche – er ist Amerikas frühester musikalischer Dialekt, wird aber als sündhaft gebrandmarkt. Diese Zweiteilung fasziniert mich. Wenn die Kirche die Seele nährt, umarmt der Blues das *gesamte* Selbst: Fleisch, Schmerz, Verlangen, Wut. Er ist unverfroren. Ein Juke Joint wird zu einem heiligen Raum, in dem man sein wahrstes Selbst sein kann – wo ein Mann zugeben kann: "Ich habe Fehler, na und?" Das ist Rebellion *und* Feier.

Nehmen Sie Plantagenarbeiter: Sie konnten bei der Arbeit keine Verletzlichkeit oder Sinnlichkeit zeigen. Aber im Juke Joint? Keine Masken. Die Musik sagt: "Ich habe Schmerzen, ich begehre, ich *lebe*" – etwas, was Predigten oft ausklammern. Der Blues verurteilt Heuchelei nicht, weil er anerkennt, dass wir alle Widersprüche sind.

"Ich habe noch nie so eine Verbindung zu einem Antagonisten wie zu Remmick gespürt. Ihn zu schreiben war pure Freude."

IGN: Wie sehen Sie die kollektive Identität der Vampire? Sie schließen sich über Rassengrenzen hinweg zusammen, verlieren aber Individualität – interpretationsoffen.

Coogler: Sobald der Film am 18. April erscheint, gehört er dem Publikum. Was auch immer sie darin sehen? Gültig. Aber persönlich? Remmick ist der persönlichste Schurke, den ich seit Killmonger geschrieben habe.

Ich wollte, dass er Erwartungen unterläuft – ein Vampir, der sich *entscheidet*, sich mit diesen Menschen zu umgeben, der trotz seiner Macht mit ihren Kämpfen mitfühlt. Diese Enthüllung – dass er *nicht* die rassistische Bedrohung ist, die sie fürchten – war elektrisierend, auszupacken.

25 Essenzielle Vampirfilme

26 Bilder

IGN: Die Juke-Joint- und Vampirtanzsequenzen sind transzendent. Wie sind Sie an ihre visuelle Sprache herangegangen?

Coogler: Diese Szenen *sind* der Herzschlag des Films. Irischer Stepptanz wurde aus Unterdrückung geboren – die strenge Form verbarg Rebellion. Ebenso artikulierte der Blues Schmerz, der durch Jim-Crow-Gesetze verboten war. Als Remmick 1932 auf die schwarze Gemeinschaft von Clarksdale trifft, erkennt er Seelenverwandte.

Ich wollte, dass moderne Zuschauer dieselbe Ehrfurcht spüren, die ich als Kind bei *Jurassic Park* empfand – wo Kino das Unmögliche greifbar macht. Wie? Durch Kontraste. Trauer, die zu Tanz wird. Lieder, die als Waffe gegen Kolonisatoren eingesetzt werden. Das ist die Magie der Filmemacherei.

Sinners Behind-the-Scenes

12 Bilder

IGN: Die Single-Take-Juke-Joint-Szene verzerrt die Zeit, um die generationenübergreifenden Echos der Musik zu zeigen. Was hat Sie dazu inspiriert?

Coogler: Filmische Grammatik erlaubt mir, *Gefühl* in Bildsprache zu übersetzen. Haben Sie jemals einem Virtuosen zugesehen und gespürt, wie Ihre Seele den Körper verlässt? Genau das macht der Blues – er "zerstört" Sie auf die beste Art und Weise. Der One-Take stürzt die Zuschauer in diese Euphorie, während er ehrt, warum Juke Joints existierten: ein Zufluchtsort für diejenigen, denen Freude verwehrt blieb.

Und zeitlich? Wenn die Musik stimmt, *könnte* ein Pächter der 1930er Jahre mit seinen Nachkommen von 2025 feiern. Das ist die Zeitlosigkeit, der ich nachjage.

"Bei Beerdigungen tanzen wir durch die Trauer. Afrikanisch oder irisch – beide Kulturen verstehen das."

IGN: Die irische Volksmusiksequenz der Vampire ist ebenso atemberaubend – besonders ihre trotzige Energie.

Coogler: Irische Volksmusik lebt von Dualität. Nehmen Sie "Rocky Road to Dublin" – eine Geschichte von Monstern und Kampf, vorgetragen mit frenetischer Freude. Remmick, ein Vampir, der *über* Ghule singt? Poetisch. Beide Kulturen betteten Widerstand in Lieder ein: versklavte Afrikaner sangen codierte Botschaften; die Iren verspotteten Besatzer mit Doppeldeutigkeiten.

Dieser gemeinsame Geist – dem Unterdrücker ins Gesicht zu lachen – ist es, der Remmick an diese Menschen bindet. Wenn er sagt: "Wir werden sie nicht weinen sehen", ist das die Hymne *jedes* unterdrückten Volkes. Und das einzufangen? Deshalb mache ich Filme.

Top-Nachrichten
Mehr
Copyright © 2024 56y.cc All rights reserved.